Uchtenhagen
mit den Ortsteilen Schloßgut, Altstadt, Kempen und Neumühl
Dieses Dorf ist eines der ältesten Siedlungen in unserem Landkreis, die von den Deutschen gegründet worden ist. Aus einer Urkunde des Jahres 1352 ging hervor, daß der Markgraf Ludwig der Roemer (1330—1365) der Pfarrkirche in Frankfurt an der Oder einen jährlichen Zins zugestand. Hasso von Uchtenhagen bezeugt diese Urkunde mit dem Zusatz „Habitus in Uchtenhagen". Zwar kommt der Name Uchtenhagen als Familienname in pommerschen Urkunden nicht weiter vor, wohl aber in den märkischen Urkunden. Um das Jahr 1256 tritt Hubertus de Uchtenhagen als Zeuge bei der Erteilung von Privilegien an die Stadt Pritzwalk durch den Markgrafen von Brandenburg auf. Hans von Uchtenhagen war der letzte seines Namens. Er verkaufte im Jahr 1604 seine sämtlichen Güter an den Kurfürsten von Brandenburg. Lediglich der Niesbrauch der Stadt Freienwalde an der Oder und alle seine Güter auf der linken Oderseite behielt er. Hans von Uchtenhagen starb 1618. Mit ihm erlosch das Geschlecht. Die Nachkommen waren die Wedels. Die Besitzungen von Uchtenhagen waren damals so bedeutend, daß man sie in der Mitte des 15. Jahrhunderts als Landschaft „Terra Uchtenhagen" bezeichnete. Noch 1628 waren drei Söhne des Geschlechtes der Wedel auf Uchtenhagen ansässig. So war Uchtenhagen der Stammsitz aus der Linie der Wedels geworden. Am südlichen Dorfende hatte die Burg gestanden. Im Volksmund wurde sie „das Schloß" genannt. In groben Umrissen war die Burganlage der Wedels noch zu erkennen. Der ehemalige geräumige „Schloßkeller" war noch in seinen Umfassungsmauern erhalten. Ein darauf gesetztes Dach ermöglichte es, daß dieser Burgkeller als Lagerraum für die gutsherrliche Landwirtschaft benutzt werden konnte. An der Ostseite des Burgplatzes war auch ein Stück der dicken Burgmauern aus Findlingssteinen erhalten. An deren einen Ende konnte man unter Schutt und Unkraut noch die Fundamente des einstigen Burgturmes entdecken. Das wellige Gelände um den Burghof herum ließ deutlich erkennen, daß die Burg einst durch zwei Wassergräben abgesichert war, die durch den Stau des kleinen Krampehlflusses gefüllt werden konnten.
Der kleine Fluß „Krampehl" floss an der Westseite der Burg vorbei. Nicht bekannt war es,bei welchen kriegerischen Ereignissen die Wedelburg zur Ruine geworden war. Im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts gingen die Güter Uchtenhagen in andere Hände über. Der Landbesitz, der zu diesem alten Stammsitz der Wedels gehörte, war recht umfangreich. Er war so weiträumig, daß dieser nicht von einem zentralen Gutshofaus bewirtschaftet werden konnte. Deshalb bestanden von früher her mehrere sogenannte „Vorwerke". Damit war in alter Zeit auch die Möglichkeit geschaffen, daß einzelne Söhne der Herren von Wedel mit ihren Familien einen dieser großen Gutshöfe bewirtschaften konnten und damit auch eigene Einkünfte hatten. So bestand Uchtenhagen in den letzten Jahrhunderten aus fünf Gutshöfen. Amtlich wurden diese mit A, B, C, D und E bezeichnet.
Im Volksmund führten diese Teile richtige Ortsnamen. Die Teile A und B lagen dicht beieinander und waren schon seit Generationen vereinigt. Diese wurden „Altstadt" genannt. Teil C trug den Namen „Schloßgut". Teil D wurde „Kempen" genannt und schliesslich nannte man Teil E „Neumühl".
Der Name „Altstadt" läßt vermuten, daß in dieser Gegend in der vordeutschen Zeit eine grössere slawische Siedlung bestanden hat. Sie hatte auch eine recht günstige Lage auf der flachen Höhe an der alten Landstraße, etwa in der Mitte zwischen den Städten Stargard und Freienwalde. Der Name „Schloßgut" deutet daraufhin, daß hier ursprünglich der Hauptsitz mit dem „Schloß" (Ruine) bestanden hat. An diesem Gutshof war das Bauerndorf Uchtenhagen mit der Kirche, Pfarre und Schule von den deutschen Siedlern gegründet worden. Das Dorf wurde von zwei parallelen Strassen durchzogen. Dort, wo diese sich am Nordende vereinigten, bestand die „alte Wassermühle", die von dem Wasser des Krampehls getrieben wurde. Uchtenhagen D hieß ortsüblich „Kempen". Über die Deutung dieses Namens ist nichts Näheres bekannt. Es bleibt die Vermutung, daß einst ein Zusammenhang mit dem niederrheinischen Städtchen Kempen bestanden hat. Uchtenhagen E ist vermutlich in jüngerer Zeit selbstständig gewordener Teil des Rittersitzes Uchtenhagen. Es erhielt durch die Anlage einer neuen Wassermühle den Namen „Neumühl". Die „neue Mühle" war also von Anfang an ein Besitz des Gutshofes. Zum rationellen Betrieb derselben war jedoch ein gelernter Müller notwendig. Uchtenhagen-Altstadt war im Besitz eines Herrn Dr. Emil Levy in Stargard. Die Bewirtschaftung des Gutshofes hatte er einem Verwalter übertragen. Zu Hitlers Zeiten verlor Dr. Levy den Besitz. Dieser wurde dann in Bewirtschaftung vom Rittergut in Schönebeck übernommen und von Dr. Hermann Müller verwaltet. Der letzte Besitzer von Uchtenhagen-Schloßgut hieß Paul Schönfeld. Herr Georg Schläger war der letzte deutsche Besitzer des Rittergutes Uchtenhagen-Kempen, und Uchtenhagen-Neumühl gehörte Herrn Reinhold Schrader.
Im Amtsbezirk Uchtenhagen waren im Jahr 1939 481 Einwohner in 120 Haushalte. Außer den Rittergütern war Uchtenhagen auch ein Bauerndorf. Die Bauernfamilien von Wilhelm Boldt, Paul Braun, Karl Gerstmann, Fritz Krause, Walter Kummerow, Johannes Meyer sowie Wilhelm Stahlkopf bewirtschafteten Höfe mit etwa 25 bis 52 ha. Auf diesen bäuerlichen Betrieben wurden zwei bis vier Pferde gehalten und etwa 15 bis 32 Rinder und bis zu 15 Schweine. Die Landschaft in der Umgebung von Uchtenhagen bestand im allgemeinen aus Ackerland, in das ab und zu grössere oder kleinere Waldstücke eingebettet waren. Auch um den höchsten Punkt des „Schwärzen-Berges" lag ein Nadelwald. Wiesen befanden sich nur im Tal des Krampehlflusses. Der Gemeindehektarsatz von Uchtenhagen lag mit 570,- Reichsmark etwas über den Durchschnitt. Es wurde Roggen als Brotgetreide und Hafer als Futtergetreide angebaut. Besonders lohnend war aber der Anbau von Kartoffeln, auch Futterrüben wurden angebaut. Die großen Ackerschläge der Gutshöfe, oft 25 ha und mehr, lieferten diese landwirtschaftlichen Produkte in großen Mengen. Diese wurden zu einem Teil unverarbeitet in den Handel gebracht. Das große Mühlwerk in Stargard mahlte den Roggen waggonweise zu Brotmehl, das dann mit der Bahn in die Großstädte geliefert wurde. Früh- und Winterkartoffeln beförderte die Bahn nach Berlin und ins Ruhrgebiet. Ein anderer Teil der Erzeugnisse wanderte aber zuerst durch Tiermägen, um in Fleisch und Fett umgesetzt zu werden.
Viehhändler kauften die gemästeten Rinder, Schweine und Hammel auf. Jeden Sonnabend fand die Verladung der Tiere auf den Bahnhöfen an der Strecke von Stolp nach Berlin statt. Des Gebrülles und Geblöckes wegen hatten die Einwohner scherzhafterweise den Zug als „Hinterpommerscher Gesangverein" getauft. Die ebenfalls reichlich anfallende Milch wurde in der großen Molkerei in Stargard zu Butter und Käse verarbeitet und dann zum größten Teil nach Berlin transportiert. Ein Drittel der landwirtschaftlichen Produkte wurden auf den Gütern verarbeitet. Die Gutsbrennerei verarbeitete Kartoffeln zu Spiritus. Weiter wurden Kartoffeln zu Kartoffelstärke und zu Kartoffelflocken verarbeitet. Auch die Kartoffelzucht wurde betrieben und die gezüchteten Saatkartoffeln ergaben einen guten Gewinn. Auf dem Schloßgut Uchtenhagen wurden Herden mit über hundert Schafe gehalten. Die Hammel der Nachzucht wurden zur Mast angesetzt, und die Wolle der großen Herde brachte bei der Schur wiederum eine beachtliche Einnahme.
Uchtenhagen und die Nachbardörfer waren mit den Verladebahnhöfen der Eisenbahn nur über unbefestigte Wege verbunden. Die Motorisierung, die feste Strassen erforderte, war erst im Kommen. So wurde vor 1900 die Saatziger Kleinbahn gebaut, die die zahlreichen Gutsdörfer mit der Eisenbahn in Stargard und Trampke verband. Die Strecke hatte mitunter beträchtliche Umwege, um möglichst alle großen Rittergüter zu verbinden. Im Volksmund nannte man daher die S. K. B. als „sehr krumme Bahn". Um die Transportwagen mit der Eisenbahn günstig abzustimmen, fassten die Kleinbahnloren 7,5 t. Das war die Hälfte der großen Güterwaggons. Dem Transport der landwirtschaftlichen Produkte stand nur ein geringer Import an Kunstdünger, Stein- und Braunkohlen sowie Baumaterialien gegenüber. Die Kleinbahn übernahm außerdem den Transport der gefüllten Milchkannen zur Molkerei in Stargard sowie den der leeren Kannen zurück. Dagegen kam der Personenbeförderung nur untergeordnete Bedeutung zu. Es wurde von den landwirtschaftlichen Betrieben in Uchtenhagen und der Umgegend ein Überschuss produziert, der die dichtbesiedelten deutschen Landesteile mitversorgen half.
Die Dorfkirche von Uchtenhagen war ein rechteckiger Findlingsbau, etwa in der Zeit um 1600 erbaut. Ein freistehender Glockenturm hatte geböschte Wandungen. Ein besonders schöner Abendmahlskelch aus dem Jahr 1574 gehörte zur Ausstattung der Kirche. Dieser silbervergoldete 21 1/2 cm hohe Kelch war eine sorgfältige und saubere Arbeit aus dem 16. Jahrhundert. Die Verzierung des Kelchfußes war besonders schön gelungen. Auf einem der Fußfelder war ein plastischer Kruzifix genietet. Oberhalb der Arme des Kreuzes ist die Jahreszahl 1574 eingeritzt. Eine Taufschüssel aus Messingguss hatte einen Durchmesser von 35 cm und im Boden war „Maria Verkündigung" in Treibarbeit eingearbeitet.