Dingelsberg
Die Gemeinde Dingelsberg hatte nach der Volkszählung im Jahr 1905 127 Einwohner und fünf Jahre später 131 Einwohner. Im Jahr 1939 waren es 103 Einwohner, die in 26 Haushalten lebten. Das Amtsgericht sowie die Post waren in dem etwa 6 km entfernten Nörenberg untergebracht, wo auch der Bahnhof der Saatziger Kleinbahn war. Von hier aus hatten die Einwohner Anschluss nach Stargard und Reetz. Die Amtsverwaltung und das Standesamt befanden sich in Zeinicke. Der letzte Bürgermeister der Gemeinde hieß Arnold Berg. Der Lehrer Vollbrecht betreute bis zur Einberufung zum Militär im Jahr 1943 die Schule. In den letzten Kriegsjahren bis zur Vertreibung wurden die Schulstunden dreimal in der Woche von einer Vertretung aus Zeinicke durchgeführt.
Nach der Volkszählung im Jahr 1905 gehörte das Vorwerk Alt Dingelsberg mit 8 Einwohnern, die Kolonie Finkenwalde mit 15 Einwohnern, dann Neu Dingelsberg mit 96 Einwohnern und das Vorwerk vom Gut Zeinicke „Streblow" mit 8 Einwohnern zur Gemeinde Dingelsberg. Die letzten deutschen Landbesitzer von Dingelsberg hiessen: Paul Schulz vom Vorwerk Streblow, Johannes und Hedwig Wussow, Willi Ewald, Hermann Müller, Artur Schulz, Hans Flunker, Otto Dettmann, Emil Wussow, Emil Grams, Heinrich Fredrich, Max Berg, dieser war der Besitzer der Windmühle und hatte eine kleine Gastwirtschaft dabei. Fritz Jaworr und Gustav Leddin der sich auch als Schneider für die Dorfgemeinde einsetzte. Dann waren es die Landbesitzer Ernst Plönzig, Gustav Porath, Fritz Bölter, Emil Zühlke, Richard Lindemann, Otto Falk und der letzte deutsche Bürgermeister Arnold Berg sowie Ernst Zimmermann und Wilhelm Tetzlaff, der das Vorwerk Burgwall bewirtschaftete. Jeder Landbesitzer hatte rundherum seinen Acker, den er bewirtschaftete.
Die Grenze zwischen dem Kreis Saatzig und dem Kreis Regenwalde im Norden waren die Landparzellen von Johannes Wussow, und zwar in der ganzen Länge vom Dolgensee an und auch Grenze zwischen den Orten Dingelsberg und Dorotheenthal. Um nach Nörenberg zu gelangen, mußte Johannes Wussow unmittelbar zu Hause über zwei hohe Berge gehen. An der Nörenberg zugewandten Seite des Rußlandsberges führte ein Ackerweg um den Berg. Zwischen Ende dieses Ackerweges und Grundstücksgrenze von Joh. Wussow hatte der Landwirt Hermann Müller einen 50 m breiten Streifen Ackerland. Nur über diesen Ackerstreifen konnte Joh. Wussow fast ohne Steigung des Geländes seine Wirtschaft erreichen. So hatte sich Joh. Wussow und Hermann Müller vertraglich darüber geeinigt, daß Joh. Wussow diesen Weg benutzen durfte. Dafür mußte er jährlich einen Zentner Roggen abgeben. Dieser Wegevertrag kam den Pferden zugute, da diese die schweren Ackerwagen nicht die Berge hochziehen brauchten. Die Berge wurden umfahren, denn das Gelände um Dingelsberg war sehr hügelig. So war der Rußlandsberg fast 175 m hoch und der höchste Berg in der weiteren Umgebung, wahrscheinlich aber war dies die höchste Erhebung im Kreise Saatzig. Der Buchenberg hatte eine Höhe von 165 m und die Einheimischen nannten diese Anhöhe „Böcksbaach". Der Gemeinde-Hektarsatz war mit 350 Reichsmark festgestellt worden. Es wurden außer Roggen, Hafer und Gerste auch Kartoffeln, Wrucken und Süßlupinen angebaut. In das Getreide wurden Klee und Seradella für Grünfütterung gesät, denn Grünland war nicht genügend vorhanden.
Der pommersche Dichter Ernst Moritz Arndt soll sich gern in dieser schönen Natur um Dingelsberg aufgehalten und dort viele Wanderungen unternommen haben. So wurde es uns überliefert. Zur Erinnerung wurde eine Eiche Ernst-Moritz-Arndt-Eiche" genannt, unter der sich der Dichter immer gerne ausgeruht haben sollte. Die Dorfjugend führte unter dieser Eiche ihre Singabende durch. Einmal wurde dieser große Baum vom Blitz getroffen und stark beschädigt.
Der letzte Mühlenbesitzer Max Berg mahlte sein Getreide selbst, bis im Jahr 1945 die alte Mühle von den Russen angezündet und vollkommen zerstört worden ist. Zu Dingeisberg gehörte auch der Hof „Streblow". Es handelte sich um 360 Morgen; davon waren etwa 240 Morgen Ackerland und Wiesen und 120 Morgen Wald. Der letzte deutsche Besitzer hieß Paul Schulz, der etwa um 1900 geboren war. Sein Vater Karl Schulz hatte das Vorwerk vom Gut Zeinicke gepachtet und später gekauft. Auf der etwa 165 m hohen Anhöhe befand sich eine 10 Morgen große Fläche mit schönen dicken und schlank gewachsenen Buchen.
Flurnamen
Es war der Buchenberg, den man „Böckbaach" nannte. Auch sind uns viele Flurnamen überliefert, so nannte man die höchste Erhebung den Rußlandsberg, dieser war genau 174,6 m hoch und dort, wo der Berg südwestlich anstieg lag eine zum Teil sumpfige Wiese, die „Radüchel" genannt wurde. Zum Blankenhagener Dolgensee floss der „Doljebaach". In Dingelsberg hatten zwei Besitzter einen „Doljebaach". Paul Schulz von der einen und Johannes Wussow von der anderen Seite des Sees. Der Dolgenberg von Johannes Wussow war durch einen senkreichen Entwässerungsgraben geteilt; unter dem Gipfel, der einen Seite des Grabens, war eine langgestreckte Fläche zu sehen. Auf etwa einem Morgen standen hier viele, schöne Birken. Diese Seite des Berges hieß dann auch in dem heimatlichen Dialekt „Unde Baake", d. h. unter den Birken. Der Rußlandsberg, die höchste Erhebung in der Gegend, fiel zum „Radüchel" in gleichmässigen Gefälle ab. Gegenüber auf der anderen Seite erstreckte kurz unter dem Gipfel eine fast ebene Fläche mit Büschen, Grasbewuchs und fast im Kreis angeordneten mittleren Findlingen. Hier sollen in alter Zeit, die in diesem Gebiet lebenden Germanen ihre Gerichts- und Volkstagungsstätte (Thingstätte) gehabt haben. An der Südseite des Rußlandsberges war eine alte Sandgrube, die ganz mit Gebüsch umwachsen war. In dieser Grube gab es eine rote Sandader und in der Bevölkerung wurde eine Sage überliefert, die besagte, daß diese Sandader vom Blut der geköpften Verurteilten rot gefärbt worden ist. In der Geisterstunde liefe nun immer ein Mann ohne Kopf um diese Grube.
Der Lehrer Otto Roggenbuck war über 40 Jahre Lehrer in der Gemeinde. Bei ihm gingen drei Generationen in die Schule. Sein Hobby war Geschichtsforschung und so meinte dieser, daß sich der Name Dingelsberg aus dieser
alten Dingstätte, Thingstätte, Dingstättenberg zu Dingelsberg entwickelt habe. Das Katzenbruch, „Kattebrauk" genannt war eine Senke von ca. vierzig Morgen zwischen den Rußlandsberg, Kirchhofsberg und Finkenwalde. Das Katzenbruch wurde unterirdisch mit Röhren entwässert und zum „Radüchel" geleitet und dieser wiederum zum „Dolgensee". Finkenwalde „Finewall" genannt waren zwei nebeneinander liegende Bauerngehöfte. Vom „Kattebauk" ging es zum Mühlenberg, „Möhlebaach" genannt. Den Namen hatte der Berg durch die dort stehende Windmühle Windmöhl". Der letzte Besitzer dieser Mühle hieß Max Berg. Am Fuße des Mühlenberges lag eine Wiese, die Bärenbruch genannt wurde. Die Einheimischen nannten sie „Borebrauk". Der Friedhof von Dingelsberg war auf dem zweithöchsten Berg den „Kirchhofsbaach" angelegt. Der Friedhofsberg lag so zentral, daß vier Bauern rundherum Land an ihn hatten.
Burgwall
Von Zeinicke kommend, am Fuße des ersten Berges nach Dingelsberg, befand sich eine Wegegabelung. Ein Weg führte über den Friedhofsberg in Richtung Katzenbruch nach Finkenwalde mit Abzweigung zum Rußlandsberg nach Dorotheental. Der andere Weg führte am Enzigsee entlang über den Burgwall nach Nörenberg. Diese Wegegabelung nannte man „Abfindung". Burgwall, „Bookwall" genannt, grenzte als letzter Hof von Dingelsberg an Nörenberg, Alt Storkow und Friedrichsfelde. Burgwall hatte 400 Morgen Ackerland, Wiesen und Wald. Zu dem Hof Burgwall gehörte der halbe Wreichensee. An der einen Seite des Sees lag der Wreichelberg, den die Einwohner „Wreichelbaach" nannten. Burgwall grenzte an das Eichfier. Der letzte deutsche Besitzer war Wilhelm Tetzlaff.
Sitten und Gebräuche
Die Sitten und Gebräuche, wie sie in unserem Heimatkreis gepflegt wurden, waren auch hier heimisch. So wurden am Ostermorgen alle noch im Bett liegende Verwandten und Bekannten meistens von der Jugend „gestübt". Es wurde die Bettdecke weggenommen und mit einer Rute, möglichst Wachholder, mehr oder weniger handfest zugehauen mit den Worten: „Stüp, Stüp Osteech, gifst du mi keie Osteech stüp ich di dat Hemd entwe." Dann bekamen die Kinder meistens Ostereier oder einen Schokoladenhasen und liefen freudestrahlend nach Hause. Die Burschen gingen natürlich zu ihren Mädchen stüpen. Doch diese waren sehr oft vorbereitet, so ging nicht selten plötzlich das Fenster auf und ein Eimer Wasser kühlte die Köpfe der jungen Burschen. Ostermorgen wurde auch ganz früh das Osterwasser geholt. Das Wasser aus dem es geholt wurde, mußte von Osten nach Westen fliessen. Wenn man sich mit dem Wasser wasche, so sei man gefeit gegen Krankheiten. Wurde man bei dieser Zeremonie zum Sprechen gezwungen, so hatte man „Brabbelwasser" und das war gar nicht gut.
Zum Pfingstfest wurden an den Gebäuden Birkengrün angebracht. Alle holten „Pingststruk" aus dem Wald. Kleine Birkenzweige wurden im Hause hinter Bilder und Schränke gesteckt und vom Dolgensee und dem Katzenbruch wurden „Kalmus"-Blätter geholt und diese über die Betten als „Kalmusschwerter" gelegt.