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Gabbert

Diese kleine Dorfgemeinde lag im südöstlichen Winkel unseres Heimatkreises und grenzte an die Landkreise Arnswalde und Dramburg. Es war ein Bauern- und Waldarbeiterdorf mit über 200 Einwohnern und etwa 50 Haushalten. Früher wurde die Post von Groß Mellen aus zugestellt, aber vor dem Zweiten Weltkrieg wurde eine Poststelle eingerichtet, die von Kallies aus betreut wurde. Das Standesamt stand in Zehrten und die Amtsverwaltung in Rahnwerder. Der nächste Haltepunkt der Saatziger Kleinbahn befand sich etwa viereinhalb Kilometer entfernt bei Klein Spiegel. Das zuständige Amtsgericht war in der Stadt Nörenberg. Die Gemarkung Gabbert war ca. 1000 ha groß. Davon war die Hälfte Staatswald und die andere Hälfte landwirtschaftliche Nutzfläche, Seen und etwas Privatwald. 

Am Dorf lag der Mühlenteich, der mit dem „Krummen Fließ" vom „Flackow-Gabber-See", 11,44 ha, kommend und mit dem „Langen-Gabber-See",  22 ha, verbunden war. Unmittelbar westlich dieses Sees, neben der Straße von Gabbert nach Rahnwerder, liegt der 7,91 ha große „Buch-See". Das Wald- und Sumpfgelände „Herrenwerder" lag dazwischen. Dieser Seengelände lag nördlich der Ortschaft Gabbert, während östlich der 11,17 ha große und bis zu 25 m tiefe „Schulzen-See" zum Freischulzenhof der Familie Riek gehörte. Es war ein stehendes Gewässer ohne Zu- und Abfluß. Vor diesem „Schulzensee" lag die „Schinderkuhle". Diese wurde später eingeebnet und in eine Grünfläche umgewandelt. In der Nähe befand sich der 3,26 ha große „Papen-See" sowie der 8 ha große „Maten See". Ebenfalls waren der 3,9 ha große „Judnick-See" und der 4,16 ha große „Trabunchen-See" dort zu finden. Das langgestreckte große Ufer des „Trabun-Sees" bildete die Kreisgrenze zum Landkreis Arnswalde.

Die vielen kleinen und grösseren Gewässer um Gabbert und das große Waldgebiet östlich des Ortes stellten für den Naturfreund ein unberührtes Paradies dar. Die in der Waldeinsamkeit versteckten Seen mit den schilfumkränzten Ufern und den glänzenden Wasserflächen gaben diesen Teil unserer Heimat besondere Ruhe und Schönheit. Die Familie des Fischers Seidenkranz besaß ca. 200 Morgen Wasserfläche in diesem Seengebiet. Der Mühlenteich wurde in den Jahren um 1928 zum Karpfenteich umgestaltet. Das Wasser des Mühlenteiches wurde durch Gräben und den „Krummen Fließ" gespeist. Es trieb über eine Turbine die Mahl- und Schrotmühle sowie ein einfaches Sägeblatt zum Sägen von Brettern und Bohlen an. Die Besitzerin, Frau Webnitz, hatte diese Mühle an Richard Schwolow verpachtet. Neben der Mühle stand die Revierförsterei. Der Förster, Aley Wrbe, betreute diese zuletzt. Nebenbei betrieb er eine kleine Landwirtschaft. Die landwirtschaftliche Nutzfläche war in zwei Jagdbezirke eingeteilt, und vor dem Krieg wurde auch ein Teil des Staatswaldes verpachtet. 

Es gab in Gabbert landwirtschaftliche Betriebe die etwa 60 bis 80 ha bewirtschafteten und auf ihren Höfen drei bis vier Pferde und etwa bis 20 Rinder und Schweine hielten. Es waren dies die Bauern August und Hermann Werth, Wilhelm Rieck, der Fischer Seidenkranz, der allerdings nur ein Pferd benötigte und Bauer Wilhelm Brunk mit drei Pferden, 20 Rindern und 16 Schweinen. Dagegen bewirtschafteten die Bauern Albert Perleberg, Franz Blankensee, Gustav Brunk, Wilhelm Kohls, Hermann Quade und Otto Schulz sowie der Mühlenpächter Richard Schwolow etwa 23 bis 36 ha und diese hatten zwei bis drei Pferde und ca. 14 bis 20 Rinder und Schweine auf ihren Höfen. Der Bürgermeister dieser Gemeinde hieß Hermann Werth. Der Boden war meist leicht. So wurden hauptsächlich Roggen, Kartoffeln, Mengegetreide, Lupinen zur Saat und als Gründüngung sowie von einigen der größten Besitzer Buchweizen als abtragende Frucht angebaut. Der Gemeindehektarsatz war mit 280 Reichsmark festgestellt worden.

Mitten im Dorf stand die Kirche. Die Reihenfolge der Sitzordnung richtete sich nach der Größe der Betriebe oder nach der Höhe der Kirchensteuer. Männer und Frauen saßen getrennt. Von der Kanzel aus rechts die Frauen und links die Männer. Sonderplätze, noch näher zur Kanzel hatten die Bewohner des Freischulzenhofes und deren Gesinde, sowie auch der Rentner Brunk mit seiner Familie. Neben der Kirche stand die einklassige Volksschule. Der letzte Betreuer dieser Schule war der Lehrer Bruhns. Der Vorgänger Lehrer Lüdtke hatte sich besonders um die kulturellen Belange des Dorfes gekümmert. Er gründete einen Gesangverein. So fand einmal im Sommer jeden Jahres auf einer Wiese mit Nachbarvereinen ein Gesangvergnügen mit Tanzveranstaltung statt. Mitte der dreißiger Jahre wurde ein Kleinkaliberverein gegründet, der sich im Schießen übte. Es gab eine Gastwirtschaft mit einer Kolonialwarenhandlung im Ort. An dieser wurde später ein Saal angebaut. So fanden dort öfter Tanzvergnügen für die Jugend statt. Zur Gemeinde gehörte ein altes Wohngebäude. Es war das sogenannte Kloster. Dieses war entweder an eine Familie vermietet oder es wurde nach Bedarf an arme Familien abgegeben. 

Es gab in Gabbert einen Nachtwächter und zwar zur Vorbeugung von nächtlichen Bränden. Wenn dieser seine Runden im Dorf ging, hatte er einen Spieß als Handwaffe bei sich und zur Kontrolle mußte der Nachtwächter mit einer Pfeife Signal geben. In den Jahren 1937/38 wurde östlich des Dorfes auf einer Hochebene, die meist aus Staatswald bestand, ein Militär-Flugplatz errichtet. Dieser wird noch in den Jahren nach 1980 von den Polen oder Russen benutzt. Der Gemeindebezirk wurde in ein militärisches Sperrgebiet miteinbezogen. Die Ruhe in diesem Teil unseres Heimatkreises war dahin. Jetzt sind die Gebäude des Dorfes meist abgetragen oder zerfallen. Auch die landwirtschaftliche Fläche wurde durch den umliegenden großen Wald vereinnahmt. Nach und nach schonte sich das Gebiet selbst an und veränderte sich sehr. Zu Beginn des Monats Februar im Jahr 1945 mußten die Bewohner ihre Häuser und Höfe vor der immer näherkommenden Front verlassen. Sie durften nicht wieder in ihre Heimatgemeinde zurück. Sie fanden in den Ost- und Westgebieten unseres Vaterlandes Aufnahme und sind in alle Winde zerstreut worden. Von vielen Bewohnern des kleinen Bauern- und Waldarbeiterdorfes Gabbert weiß man nichts mehr.




Vom Dorf Gabbert im Kreis Saatzig


Nur drei Häuser blieben damals stehen


Kürzlich  schickte  mir ein Berliner Landsmann, der in den Jahren von 1912 bis 1930 in unserem Landkreis zu Hause war, eine Kassette. Er hatte auf Band in heimat­licher Mundart die niederdeutsche Sprache -das Saatzig-Dramburger Platt - festgehalten;

dabei nannte er seine Heimatgemeinde „das verlorene Dorf!

Zu unserer Zeit war es die kleine Landgemeinde Gabbert, die im südöstlichen Winkel unseres Heimatkreises Saatzig lag und deren Gemarkung an die Landkreise Arnswalde und Dramburg grenzte. Es war ein Bauern- und Waldarbeiterdorf mit über 200 Einwohnern und etwa 50 Haushalten. Heute nennen die Polen diesen Ort „Jaworze".

Schon in unserer Zeit wurde östlich des Dorfes auf ei­ner Hochebene ein Feldflugplatz angelegt, den die Russen und später die Polen weiter ausbauten. So ist dieses Gebiet Sperrgebiet geworden, und kein Fremder darf es betreten.

Das Dorf hatte in den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges schwer zu leiden. Im Februar 1945 waren starke russische Kräfte in die südlichen Teile unseres Kreises einge­drungen. Viele Häuser des Dorfes wurden zerstört. Drei „Königstiger" einer schweren Panzerabteilung der in diesem Abschnitt kämpfenden SS-Division drängte die Russen am 8. und 9. Februar 1945 wieder bis Arns­walde zurück. Die eingeschlossenen Bewoh­ner und Soldaten konnten entkommen. Aber die Gemeinde Gabbert blutete buchstäblich aus allen Wunden.

Heute wissen wir, daß nur drei Häuser überlebten. In meinen Archivunterlagen sind 44 Grundstücke und deren Besitzer verzeichnet. Nur in der Oberstraße des Dorfes steht noch ein Gebäude von August Brunk, wäh­rend in der Unterstraße das Wohnhaus von Franz Blankensee noch steht und im west­lichen Teil der Unterstraße ein Gebäude von Wilhelm Streitz vorhanden ist.

Früher stand die Dorfkirche mit dem hölzer­nen Turm mitten in der Gemeinde. Daneben war die einklassige Volksschule. Nach zwei weiteren Grundstücken kam das Spritzen­haus am Beginn der sich teilenden Dorfstraße in Oberstraße und Unterstraße. Der schöne große Platz vor dem Spritzenhaus wurde als Turn- und Spielplatz genutzt. Die Familie des Fischermeisters Seidenkranz wohnte im Hau­se am Mühlenteich, der Ende der zwanziger Jahre zum Karpfenteich umgestaltet worden war. Insgesamt hatte der Fischer fünf Seen zu betreuen, die alle in die Feldflur um Gabbert eingebettet waren. Gräben und Flüsse ver­banden die Seen. Die Drage bildete einen Teil der Grenze zum Kreis Dramburg, wäh­rend der Stadtfließ ein Teil der Grenze zum Kreis Arnswalde war. Das Wasser des Müh­lenteiches trieb über eine Turbine die Mahl-und Schrotmühle sowie ein einfaches Säge­blatt zum Sägen von Brettern und Bohlen. Als Pächter hat Richard Schwolow die Mühle be­treut. Die Dorfschmiede war ebenfalls am Mühlenteich, und die Gebäude des staatli­chen Forsthauses standen unmittelbar neben der Mühle.

Auf einer Scheune des Grundstückes von Franz Blankensee nistete früher immer ein Storchenpaar. Westlich des Dorfes war ein Feuchtgebiet, in dem sich mit Vorliebe im Sommer Schnepfen aufhielten, und am Westende des Trabun-Sees hatten die Kraniche ihre Brutplätze.

Neben der Försterei stand das Anwesen des Dorfschulzen Hermann Werth. Er war in der Gemeinde als ein ruhiger und gütiger Bürger­meister bekannt. In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg - etwa um 1920 - brannten im Spätherbst vier Gehöfte mit der ganzen Ernte ab. Nur mit großer Anstrengung konnte das Vieh gerettet werden. Das größte Un­glück kam aber für die kleine Gemeinde Gab­bert zu Beginn des Monats Februar im Jahre 1945. Die Bewohner mußten ihre Häuser und Höfe vor der immer näher kommenden Front verlassen. Die schweren Kämpfe im südlichen Teil unseres Kreises zerstörten auch das schö­ne Dorf. Die Bewohner durften nicht zurück.

Die Wälder und die Seen rings um Gabbert waren noch unberührte Natur und für die Tier- und Pflanzenwelt ein ungestörter Le­bensraum.

In meinem Heimatbuch „Der Kreis Saatzig und die kreisfreie Stadt Stargard" habe ich auf Seite 141 bis 143 diese Gemeinde be­schrieben. Es kann vom Pommerschen Buch­versand bezogen werden.

Falls Landsleute noch Fotos von der Kirche, Schule oder sonstige Erinnerungsstücke aus dieser Gemeinde haben, bitte ich darum, sie dem Archiv des Heimatkreises Saatzig zur Verfügung zu stellen. Wir wollen nicht, daß dieses verlorene Dorf ganz vergessen wird!

Paul Schulz

Bericht aus der PZ von 1987 - Folge 38 - Seite 12. Der Autor Paul Schulz verstarb im Dezember 2002

Gabbert


Einwohnerliste vor/bis 1945

Nach Heinz Brunk (Haus Nr. 28)


Am Mühlteich

01.   Georg Seidenkranz, Fischer

Am Weg nach Glambeck

02.   Otto Schulz, Landwirt

Oberstraße

03.   Karl Howe

04.   Otto Sager

05.   Franz Reeck

06.   Kalkbrenner

07.   Ernst Dolgner

08.   Paul Löhning

09.  Gaststätte, Colonialwaren

       Gustav Fröhlich

10.   Hermann Wenzel

11.   Willi Blankensee

12.   Emil Penthin

13.   Emma + Minna Brunk

14.   Gustav Brandenburg

14a. Wegner



15. Erich Stutzinski

16. Hermann Kalkbrenner

17. Hermann Radke

18. Franz Spicker

19. Karl Beß

20. Ernst Harder


Am Hassendorfer Mühlenfließ

21. Mahl- und Sägemühle

Richard Schwalow, Müller

22. Wilhelm Reeck, Landwirt


Unterstraße

23. Försterei

Aley Wrbe, Förster

24. Hermann Werth, Bürgermeister, Landwirt

25. Gustav Brunk, Landwirt

26. Wilhelm Brunk, Landwirt

27. August Werth, Landwirt

28. Otto Brunk

29. Emil Reeck

30. Hermann Porath


30. Hermann Porath

31. Franz Blankensee, Landwirt

32. Hermann Quade, Landwirt

33. Albert Perleberg, Landwirt

34. Hermann Heidemann

35. Otto Köpnick

36. Wilhelm Streitz

37. Wilhelm Kohls, Landwirt

38. Karl Kalkbrenner


Auf dem Anger

39. Helmut Zellmer

40. Schule

Bruhn, Lehrer

40a. Kirche

41. Fritz Bauer

42. Paul Wenzel

43. Emil Beß


Am Weg nach Hassendorf

44. Otto Wendt

45. Hermann Kalkbrenner



Alle Bilder und Karten zur Verfügung gestellt von Herrn

Jochen Ullrich - Heimatkreis Arnswalde.

siehe auch  www.heimatkreis-arnswald.de

Schule von der Unterstrasse her, rechts Lehrer Bruhn (1938)

Wir haben aktuelle und auch weitere alte Bilder von Herrn Wieslaw Karpus aus Gabbert bekommen. Herzlichen Dank dafür.