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Gedenkstätte in Buchholz - Lapidarium w Grabowie

Bericht von Herrn Franz Baltzer - September 2012


So stand es in den Tagen nach dem 7. Juli 2012 in den polnischen Zeitungen aus Stargard zu lesen. Ja, jetzt ist es wahr geworden, was die wenigen noch lebenden Buchholzer vor Jahren eigentlich geplant hatten. Bei ihrem überhaupt ersten Treffen anläßlich der Pommerntage vom 13. Bis 15. Mai 1994 in Greifswald gab es viele Fragen zu beantworten, denn kaum einer hatte sich nach der Vertreibung wieder auf den Weg in die Heimat gewagt. Wir freuten uns auf ein Wiedersehen und hörten gespannt auf die Berichte von denen, die zuhause gewesen waren. Bei unserem nächsten Treffen am 6. Mai 1995, dieses Mal in Anklam, wurde beschlossen: „ Wir fahren morgen mit einer kleinen Truppe nach Buchholz, um uns ein eigenes Bild zu machen“. Was wir vorfanden war nicht erhebend. Viele Häuser zerstört oder heruntergekommen, nur der Friedhof, die Schule und ein Bauernhof waren in tadellosem Zustand. Besonders betrübt waren wir aber darüber, daß unsere deutschen Gräber samt Stein verschwunden waren.

Es vergingen viele Jahre und erst 2006 fand sich ein junger Pole, der jetzt in Grabowo, dem ehemaligen Buchholz beheimatet ist, neuere Geschichte studiert und sich besonders für das deutsche Buchholz interessierte. So kam näherer Kontakt zustande und viele Fragen wurden ausgetauscht, auch die nach dem Verbleib der deutschen Grabsteine, die aber nicht beantwortet werden konnte.

Um das Gedenken an die auf dem Friedhof begrabenen deutschen Bewohner von Buchholz wachzuhalten, wurde in Zusammenarbeit mit Hubert Lis, unserem jungen Studenten aus Grabowo, dem Pfarrer Antoni Hebda und den polnischen Gemeindevertretern beschlossen, an der Kirche eine Gedenktafel anzubringen.

Diese Gedenktafel wurde dann am 7. September 2008 in Anwesenheit ehemaliger Buchholzer, Vertretern der deutschen Minderheit aus Stargard, des polnischen Bürgermeisters, des Pfarrers Hebda und vieler polnischer Dorfbewohner feierlich eingeweiht.

Auch hier wurde nach dem Verbleib der deutschen Grabsteine gefragt, doch keiner konnte dazu etwas sagen.

Doch dann kam die große Überraschung:

Als am 10. Oktober 2009 auf dem Friedhof eine Bestattung durchgeführt wurde, fand man die ersten deutschen Steine. Wie sich dann später herausstellte, waren 1945 alle deutschen Grabsteine auf Anordnung des damaligen und im KZ inhaftierten Ortspfarrers entfernt und in der hinteren Ecke des Friedhofs eingegraben worden.

Durch den Einsatz von Hubert Lis  - die Idee mit dem Lapidarium war ja nicht vergessen - und den besonders hervorzuhebenden Fleiß und die Einsatzbereitschaft junger polnischer Dorfbewohner, wurden viele Gedenksteine wieder ans Tageslicht befördert, gereinigt und zur Restauration vorbereitet.

Pfarrer Antoni Hebda und Hubert Lis nahmen erste Kontakte zu den polnischen Behörden und auch zu den ehemaligen Buchholzern sowie dem Vorsitzenden Horst Born - Heimatkreis Saatzig - auf und die Realisierung nahm Gestalt an. Viele Fragen zum Umfang, Ausführung und Finanzierung wie auch der Gedenktafel mit ihrer Beschriftung waren zu klären, bzw. Von den Behörden zu genehmigen. Als dann endlich alle Fragen geklärt waren und am 14. April 2012 mit dem Bau begonnen wurde, gab es die nächste Überraschung:

Bei den Planierungsarbeiten auf dem vorgesehenen Friedhofsbereich, stieß man auf ein mauerwerk, das sich dann als Gewölbe einer Gruft erwies.

Durch nachfolgende archäologische Untersuchungen wurden in diesem Bereich insgesamt 8 Gewölbe geortet, deren Ursprung auch den ehemaligen deutschen Einwohnern bisher unbekannt war. Wie die Nachforschungen im Staatsarchiv in Stettin durch Hubert Lis ergaben, sind die Grüfte wohl im Zusammenhang mit dem Neubau der 1786 infolge Blitzeinschlag abgebrannten Fachwerkkirche durch den damaligen Rittergutbesitzer und Landrat Albrecht Friedrich von Broecker errichtet worden.

Als am 24. April 2012 der für das Lapidarium als Gedenkstein gedachte 12 Tonnen schwere Findling angeliefert wurde, mußte zu dessen Aufstellung ein Teil der alten Friedhofsmauer abgerissen werden, wobei weitere Grabsteine zu Tage kamen. Alle diese Grabsteine wurden in die Steinmetzwerkstatt von Herrn Edward Kulawiak nach Hansfelde gebracht und zur Aufstellung fachmännische renoviert.

In der Zwischenzeit gingen die Arbeiten durch die Baufirma Dariusz Balcerzak weiter und konnten Ende Juni beendet werden, sodaß Anfang Juli der Steinmetz die Gedenktafel anbringen und dieGrabsteine aufstellen konnte, in deren Mitte auch das sorgfältig restaurierte gußeiserne Kreuz eines vor langer zeit und unbekannten Verstorbenen seinen würdevollen Platz fand.

Die Dorfbewohner machten einen Großeinsatz, putzten das Dorf heraus, bereiteten den Dorfklub auf den Besuch der Gäste vor und zogen an der Kirche die polnische, die deutsche und die europäische Fahne auf.

Am 7. Juli 2012 war es dann soweit: Als erste Gäste kamen schon weit vor der Zeit die Mitglieder der deutschen Minderheit mit ihrem Vorsitzenden Herrn Daniel Buda und dem Sekretär Herrn Piotr Nycz an der Spitze. Kurz darauf kam Pastor Riedel aus Penkun und der Bus aus Deutschland mit den Gästen aus dem ehemaligen Kreis Saatzig, die eine Rundreise in die Heimat machen. Leider war kein ehemaliger Buchholzer angereist, das Alter und gesundheitliche Probleme fordern eben ihren Tribut. Buchholzer der 2. Generation übernahmen deshalb ihre Vertretung bei den nachfolgenden Feierlichkeiten, die pünktlich um 11.00 Uhr in der bis auf den letzten Platz gefüllten Kirche begannen.

Als Initiator und Bürgermeister von Grabowo begrüßte Hubert Lis die anwesenden Gäste und gab einen kurzen Überblick zur Entstehungsgeschichte des Lapidariums.

Dannach begann der ökumenische Gottesdienst, in dem der katholische Pfarrer und der evangelische Pastor abwechselnd predigten. Pastor Riedel sprach in seiner Predigt die schwere Geschichte unserer beiden Nationen an und erinnerte an Schmerz und Leid, die der 2. Weltkrieg Millionen Menschen zugefügt hat. Er schilderte den Weg von der Vergebung zur Versöhnung zwischen Polen und Deutschen.

Der katholische Pfarrer Hebda predigte über die Heimat, zu der man ein besonderes Verhältnis hat und zu der man immer wieder zurückkehren will. Er betonte, daß Deutsche das Recht haben, hier her zu kommen und ihrer Toten zu gedenken. Die Gedenkstätte soll ein würdiger Platz dafür sein.

Nach dem Gottesdienst gingen alle zu der Gedenkstätte, beteten und Pfarrer Hebda und Pastor Riedel weihten die Gedenkstätte mit allen Grabsteinen und der am Findling befindlichen Gedenktafel ein.

Die Gedenktafel trägt in deutscher und polnischer Sprache folgende Inschrift:

                                                       Zur Erinnerung an die vielen Generationen deutscher Bevölkerung mit dem

                                                        Wunsch auf Frieden und Freiheit für alle hier lebenden Menschen.

Nach der Segnung des Lapidariums durch Pfarrer und Pastor legten Hubert Lis und Horst Born anschließend an der Gedenktafel ein Blumengebinde in den pommerschen Farben weiß und blau nieder.

Horst Born bedankte sich danach bei Hubert Lis und all seinen fleißigen Helfern, der ehemaligen Bürgermeisterin Frau Klara Kolasinka, dem Baumeister, dem Steinmetz und dem Architekten für die würdevolle Gestaltung der gesamten Anlage und hob den besonderen Einsatz aller noch einmal hervor.

Zum Abschluß der feierlichen Einweihung lud Hubert Lis alle Teilnehmer zu Kaffee und Kuchen in das Gemeindezentrum und man sprach von denen, die leider die Einweihung nicht mehr erlebt haben.

Wie Hubert Lis später berichtete, erschien nach den Feierlichkeiten erst gegen 17 Uhr ein 93jähriger alter Herr aus Hamburg. Er sagte auf der Gedenkstätte befinde sich ein Grabstein seiner Großmutter, legte Blumen nieder und fuhr mit dem eigens bestellten Krankentransporter wieder fort.

Der Name ist nicht bekannt.